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Autor: Sven Stemmer

Ein Gentleman in Moskau

von Sven Stemmer [Lesezeit ca. 4,5 min.] Da der Herbst tagespünktlich Einzug gehalten hat (was ihn von der Deutschen Bahn unterscheidet), wird es in den nächsten Monaten reichlich Gelegenheit für die überaus gesunde und nützliche Langeweile geben. Wenn man indes mit einem regenreichen Tag noch anderes anfangen möchte, tauchen wieder die Fragen nach geeigneter Lektüre auf. Ich entdeckte in diesem Sommer den amerikanischen Romancier Amor Towles als einen Kandidaten für die Liste meiner Lieblingsautoren. In dem Roman ‚Ein Gentleman in Moskau‘, in der Übersetzung von Susanne Höbel, lernen wir den russischen Grafen Alexander Rostov kennen, der im Jahre 1922...

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Streuobstwiesen zu Kriegsgewinnlern

von Sven Stemmer [Lesezeit ca. 1,5 min.] Als im Jahre 1805, zur Zeit der dritten Koalition, Napoleon Bonaparte sich mit seinen Truppen nach Osten wandte, brachte er viele Jahre des Schreckens in die zahlreichen deutschen Länder und weiter nach Osten bis nach Russland. Der ganze Spuk dauerte nur elf Jahre und zumindest in der Verwaltung konnte hierzulande etwas von den Franzosen gelernt werden. Ein Land, das nicht von den Franzosen besetzt, gleichwohl gelegentlich geplündert wurde, war das Fürstentum Lippe, das von 1918 bis 1947 zum Freistaat wurde und nun seine Existenz als Kreis in Nordrhein Westfalen fristet. Hier nun findet man im Westfälischen Freilichtmuseum in der Hauptstadt Detmold einen ganz anderen Zeugen des französischen Feldzuges. In ihrem Gepäck brachten wohl einige Franzosen eine Birnensorte mit, die sich durch überraschende Eigenschaften auszeichnet. Die Sorte scheint eine größere Menge Blausäure zu enthalten. Zumindest gibt es einige Exemplare, die eine starke Marzipan – oder Amarettonote entfalten. Noch auffälliger ist aber ihr Fruchtfleisch, dem sie ihren Namen verdankt. Es ist bis zum Gehäuse rötlich, im Gehäuse sogar Blutrot. Man nennt sie deshalb Blutbirne. Das Museum gibt nach Vorbestellung gerne Reiser ab, so dass sich jeder das seltene Obst in den eigenen Garten holen kann. Und wenn man dann schon einmal dort ist, lohnt es sich sehr, auch das Museum zu besichtigen....

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.. lustwandeln

[von Sven Stemmer, Lesezeit ca. 1,5 min.] Jedes Jahr, Anfang September, eröffnet für mich der Detmolder Kunstmarkt die Reihe von Märkten, Messen und Ausstellungen, die sich durch den Herbst ziehen und schließlich in den Weihnachtsmärkten ihren Höhepunkt finden. Es ist für mich wie ein erweitertes und sehr ausgedehntes Erntedank, wobei ich hier die Ernte aus dem Ideenreichtum von Tüftlern, Künstlern oder Autoren meine, die sehr viel von sich geben, um unser Leben schöner zu machen. Solche Kunst- oder Kunstgewerbemärkte gibt es viele in Deutschland, und wann immer ich die Möglichkeit habe, schaue ich sie mir an, denn die Produkte sind nicht von der Stange. Wenn sich auch vieles ähnelt, gleich ist es nie und hin und wieder gibt es auch mal etwas ganz Neues und Originelles zu entdecken. Nun ist der Detmolder Kunstmarkt durch seine Nähe, seine Größe (90 Aussteller) und seine gewachsene Professionalität (40 Jahre) für mich besonders interessant. Natürlich gibt es die ganz unvermeidlichen Töpfer in größeren Mengen; dazwischen manchmal eben auch einen Porzellandreher oder Glasbläser und auch wenn man vielleicht kein großes Interesse an Filzwaren hat, sind sie doch sehr schön anzusehen. Bilder, Kleider, Skulpturen, Seifen und Holzspielzeug .. zwischen solchen Ständen zu flanieren ist reines Lustwandeln. Vor allem besteht für mich keinerlei Konsumdruck. Es ist vollauf zufriedenstellend, sich an dem schönen Anblick zu freuen. Andererseits wird es irgendwann natürlich auch Weihnachten und das besondere Geschenk...

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Landpartie I

von Sven Stemmer [Lesezeit ca. 5 min.] .. und dann wachst Du auf und merkst, an den Wochenenden hat sich, unter der Stressättigung aus Arbeit und anderen Pflichten, die Routine eingeschlichen. Sie erschöpft sich bundesdurchschnittlich in Generaleinkauf, Grillen und körperlichen Höchstleistungen bei der Sportschau. Manch mutige Ausnahme wagt vielleicht noch einen Spaziergang. Wenn nun der Wunsch aufkommt, die zähe Kruste verschorfter Gleichförmigkeit aufzubrechen, unter der es sich halb behaglich kompostieren lässt, dann gibt es ein altes Hausmittel: Der Ausflug oder, etwas blumiger, die Landpartie. Das heißt in der Regel, das Körbchen auf den Kutschbock zu schnallen und die Gestade...

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Lorenz travelles with Deutsche Bahn oder Eisenwege

Serhat von Sven Stemmer [Lesezeit ca. 6 min.] Der Kerl stürzt die Treppen zum Bahnsteig hoch, hechtet mit einem Satz durch die Tür, die sich schon schließt … … Schwer keuchend klappte er einen der Behelfssitze herunter, ließ sich darauf fallen, blickte eine Zeit lang ins Leere. Lorenz warf über den Rand seiner Zeitung einen kurzen Blick auf ihn. Bärtig, eine rote Baseballcap, darauf stand Mardin, silberne Panzerkette, kariertes Holzfällerhemd, braune Arschhängehose. Das pfeifende Keuchen störte Lorenz bei der Lektüre, was er mit einem Schulterzucken abtat. … die Bahn fuhr nicht. >Sehr geehrte Damen und Herren, wegen eines Stellwerkschadens in Amwald verzögert sich unsere Weiterfahrt um wenige Minuten.< Das resignierte Stöhnen, das durch den Zug ging, war gedämpft. Es war der erste Zug am Morgen und nur wenige waren unterwegs. Der Kerl zog sein Handy und sprach laut hinein. >Ridvan, wo bist Du …nein bin isch schon Zug. Alta – ja bis gleich man bis gleich.< Lorenz blickte ins Gleisbett und wartete darauf, dass der Zug anruckte. … die Bahn fuhr nicht. >Meine Damen und Herren, die Störung ist noch nicht behoben und unsere Weiterfahrt verzögert sich um weitere Minuten.< Der Kerl sprang auf und stöhnte. Er öffnete die Tür, spuckte ins Gleisbett und atmete tief die Morgenluft ein. Er ging den Waggon auf und ab. ‚Man kann’ dachte Lorenz, ‚machen was man will. Am Ende scheitert man doch...

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Sven Stemmer

Arnold Welsch

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